Refugees in Griechenland – unsere Eindrücke

Reisetagebuch Teil 8

Unter den Titeln „Drama im Mittelmeer“ und „Chaos auf Lesbos“ berichtete die Bildzeitung in den letzten Tagen und Wochen über die Situation der Flüchtenden in Griechenland. Wir wollen hier keine politsche Analyse schreiben, aber kurz berichten, was wir vor Ort, hauptsächlich in Athen, erlebt haben.

Vor dem griechischen Parlament fuer Solidaritaet und golbale Beweungsfreiheit
Vor dem griechischen Parlament für Solidarität und golbale Bewegungsfreiheit

Je länger wir in Griechenland waren, umso mehr Menschen von verschiedenen Organisationen und Gruppen lernten wir kennen. Immer wieder kamen wir in Gesprächen auf die aktuelle Politik und die Lage der Flüchtenden zu sprechen.
Wir haben selbst den Viktoriapark in Athen besucht, in dem sich viele Menschen aus Afghanistan vorübergehend aufhalten. Im Park und um den Park herum standen und saßen viele Menschen in kleinen Gruppen zusammen. Ab und zu gehen Aktivist*innen dort vorbei um Essen zu verteilen oder sich um die medizinische Versorgung zu kümmern. Es gibt keine festen Zuständigkeiten.

Eine Freundin aus einem sozialen Projekt hat ein paar Tage lang mitgeholfen im Park Essen zu verteilen und den Park zu säubern. Sie sagte, viele Menschen hätten keine Kraft und keinen eigenen Antrieb mehr, aber als ein paar Freiwillige angefangen hätten den Müll einzusammeln, hätten sofort viele Menschen aus dem Park mitgeholfen.

Fast alle Menschen sind in Griechenland nur auf der Durchreise. Es gibt wenige, die dort bleiben wollen. Sehr beliebt sind Ziele wie Deutschland oder Schweden. Es gibt aber einen Unterschied im Verhalten der Menschen. Ein Freund erzählte uns, dass die Flüchtenden aus Afghanistan häufig in größeren Gruppen organisiert seien. Sie hätten nur wenig Geld und seien bei ihrer Flucht auf die Hilfe anderer angewiesen. Die Menschen aus Syrien hingegen würden häufig aus der Mittelschicht kommen. Sie könnten sich in Athen Wohnungen leisten, seien auf der Straße nur selten zu sehen und außerdem von Tourigruppen nur selten zu unterscheiden. Wenn unsere griechischen Freund*innen uns nicht darauf hingewiesen hätten, dann hätten wir die Gruppen der syrischen Flüchtenden in der Stadt vermutlich nicht erkannt.

Die Demonstration vom Syntagmaplatz zur Vertretung der EU
Die Demonstration vom Syntagmaplatz zur Vertretung der EU

Am 12.09.15 gab es abends am Syntagma-Platz eine Demonstation für die Solidarität mit den Refugees. Zusammen mit Freund*innen aus einem sozialen Zentrum sind wir dort hingegangen. Demonstration bedeutet in Griechenland oft nicht, dass die Menschen zusammen durch die Stadt laufen. Häufig ist es ein Protest an einem bestimmten Ort. Wir standen über eine Stunde am Syntagma-Platz. Es gab ein paar Banner mit Aufschriften wie „solidarity breaks boarders“, „refugees in – nazis out“ und ähnlichen Aufschriften auf Griechisch. Die Demonstrierenden waren bunt gemischt und aus unterschiedlichen Altersgruppen. Ab und an gab es Megafondurchsagen und nach über einer Stunde lief die Demo los Richtung EU-Vertretung, die Samstags abends nicht besetzt ist, dafür aber von vielen Polizist*innen beschützt wurde. Es waren nur ein paar hundert Meter dorthin. Unterwegs gab es vereinzelte verhaltene Sprechchöre. Wir sind kurz vor dem Gebäude stehen geblieben und dann wieder umgekert. Schon auf dem Weg Richtung Syntagma löste sich die Demo wieder auf.

Das Transparent auf der Demo
Das Transparent auf der Demo

Nach einer gemeinsamen Woche in Athen trennten sich die Wege unserer Gruppe. Zwei von uns wollten eigentlich im Anschluss Urlaub auf ein paar Inseln machen, haben sich aber stattdessen auf den Weg nach Lesbos gemacht, um den Menschen zu helfen, die dort jeden Tag ankommen.

Zwei andere kritische Mediziner*innen haben sich mit dem Nachtzug auf den Weg Richtung Thessaloniki gemacht, was die günstigste Möglichkeit ist dorthin zu reisen. Es waren viele Menschen mit uns im Zug, die kein Griechisch gesprochen haben und in Thessaloniki direkt in den Bus Richtung Mazedonien gestiegen sind. Der Bus war so voll, dass fast nicht alle Menschen reingepasst hätten. Eine Freundin erzählte uns, dass sich in Thessaloniki nicht viele Flüchtende aufhalten würden. Die meisten würden sofort weiter reisen. In einem solidarischen Zentrum in Thessaloniki erfuhren wir dann, dass seit neuestem doch einige Menschen in die Stadt zurückkehren würden, weil es immer schwieriger werde die Grenzen im Norden zu überwinden.

Unsere Reise mit den Nachtzügen ging weiter über Belgrad und Budapest. Immer wieder wurden wir nachts aufgeweckt und mussten uns ausweisen. Wir erlebten ein paar unangenehme Situationen: auf dem Weg nach Mazedonien mussten zwei Menschen den Bus an der Grenze verlassen und am Bahnhof in Budapest wurden andere Menschen, die genauso wie wir auf einer Bank saßen, nach ihren Tickets gefragt. Unsere Tickets wollte die Kontrolleurin nicht sehen. Ansonsten erinnerte am Bahnhof Budapest-Keleti nichts mehr an die Bilder, die vor zwei Wochen durch die Medien gingen.

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