Die Kittelbroschüre – Solidarisches Krankenhaus für die Kitteltasche

Die Pflege hat es in den letzten Jahren vorgemacht. Nach heftigsten Protesten und langen zehrenden Streiks konnten an der Charité  in Berlin und an den Vivantes Häusern die Entlastungstarifverträge erkämpft werden. Leider hat das von ärztlicher Seite selten die notwendige Solidarisierung zur Folge gehabt. Im Gegenteil, in einer eigenen Spartengewerkschaft, dem Marburger Bund, kämpft die Ärzt*innenschaft für den Erhalt der eigenen Privilegien.
Doch die Belastungen und die Unzufriedenheit, auch von Ärzt*innen, sind täglich spürbar, und dies  seit dem Studium. Mit den Jahren wächst die Erkenntnis, dass es nicht reicht, die Zeit als Weiterbildungsassistent*in durchzustehen und dann in der Krankenhaus-Hierarchie aufzusteigen, damit sich die Arbeitsbedingungen grundsätzlich für einen selbst ändern. Wir stehen an dem Punkt, an welchem wir anerkennen müssen, dass die häufig praktizierte individuelle Aufopferung, die oft in gesundheitsgefährdendem Verhalten mündet, Teil der Vereinzelungsprozesse am Arbeitsplatz ist. 
Wir arbeiten aber als Team. Wir müssen miteinander reden, und zwar nicht nur über Fälle und Diagnosen, sondern auch darüber, wie wir arbeiten wollen. Um einen Anstoß zu bieten wurde Ende 2019 die Idee der Kittelbroschüre geboren.
Die Kittelbroschüre soll eine Hilfestellung und eine Anregung zugleich sein, gerichtet vor allem an ärztliches Personal, aber auch für alle anderen Interessierten, die für ein solidarisches Miteinander im Krankenhaus einstehen. 
Hilfe wollen wir dir bieten, wenn du z.B. in Grenzsituationen unsicher bist, dich mit deinen Arbeitsbedingungen unwohl fühlst, diskriminiert wirst oder dich nicht mit den profitorientierten Abläufen des Unternehmens Krankenhaus abfinden willst. Dann wird diese kleine Broschüre dich womöglich ermutigen , dich mit Gleichgesinnten zusammenzutun und dich aktiv an der Gestaltung des Arbeitsplatzes “Krankenhaus” zu beteiligen. 
Wir möchten dich einladen, Hierarchien nicht als “gottgegeben” anzusehen, an Prozessen zu zweifeln, mit anderen zu reden und zu streiten und dich nicht zuletzt mit den anderen Berufsgruppen zu solidarisieren. Schließlich geht es um die Patient*innen und deren Genesung.
Außerdem werden die fortschreitende Ökonomisierung des Gesundheitswesens und damit verbundene Interessenkonflikte Thema sein. Wir werden uns nicht mit der Entwicklung abfinden, die Medizin zu einer Dienstleistung macht, ganz so, als ginge es um den Abschluss eines Handyvertrags.Wenn Behandlungsindikationen ausgedehnt werden, um mit kranken Menschen Geld zu verdienen, wird nicht nur unser Berufsethos, sondern auch das Wohl der Patient*innen gefährdet.Das, was vielerorts passiert, hat nichts mit evidenzbasierter Medizin zu tun. Die Folgen baden alle aus, Patient*innen sowie Mitarbeiter*innen des Gesundheitssystems, Angehörige etc. 
Diese Broschüre soll ein kleiner Anfang sein. Sie soll Wege und Potenziale für eine bessere, solidarische Gesundheitsversorgung aufzeigen: beginnend von der individuellen Handlungsebene zum kollektiven Arbeitskampf. 
Viele Menschen, aus unterschiedlichen Städten haben daran mitgewirkt: Pflegefachpersonen, Ärzt*innen und  Student*innen. Die Redaktion haben wir, die kritischen Mediziner*innen Berlin, übernommen. Wir hoffen, du als Leser*in hast Freude an der kurzen Lektüre und vielleicht hilft dir der ein oder andere Artikel. 
Anmerken möchten wir noch, dass wir auch die Broschüre als Teil eines Prozesses des stetigen Organizings sehen, sie also mitnichten als abgeschlossen gesehen werden sollte. Falls du Änderungsvorschläge, Einwände, Ergänzungen oder gar Ideen für eigene Beiträge hast, dann melde dich gerne bei uns. 
Die Diskussion ist eröffnet – die Autor*innen freuen sich über kritische Kommentare und ergänzende, weiterführende Ideen.

Die Kittelbroschüre ist als pdf hier zum Download verfügbar:

Eine gedruckte Fassung kann unter berlin@kritmed.de bestellt werden.

Die Broschüre ist kostenlos. Der Verein Solidarisches Gesundheitswesen ist aber dankbar für Spenden zur Deckung seiner Unkosten für Layout, Druck und Versand. 
Verein Solidarisches Gesundheitswesen
IBAN: DE07 5005 0201 0200 5795 25
Betreff: Kittelbroschüre

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