Krankenhausschließungen im Bilde der Corona-Pandemie

Das Thema Krankenhausschließungen ist seit Jahren in aller Munde und wurde in der Politik, von verschiedensten Stiftungen, sowie in der Presse breitgetreten. Es wurde eine massive Überversorgung „attestiert“, unter anderem mit Sätzen wie „300 Krankenhäuser im ganzen Land reichen“, „100 km Anreise ins Krankenhaus sind zumutbar“. Während der Coronapandemie gehen Schließungen von Krankenhäusern und die Stimmungsmache gegen kleine, nicht profitable Kliniken munter weiter, obwohl die Intensivkapazitäten durch Corona am Limit sind. Erst vor kurzer Zeit wurde ein Krankenhaus-Schließungssimulator von den gesetzlichen Krankenversicherungen veröffentlicht. Jede*r kann jetzt sein Krankenhaus dicht machen – zumindest virtuell. Diese einseitige Darstellung ist unserer Meinung nach nicht zielführend und lenkt von den realen und aktuellen Problemen ab. 

Die Statistik zeigt derweil: Krankenhausschließungen sind schon seit Jahrzehnten an der Tagesordnung, insgesamt gibt aktuell es mehr als 500 Krankenhäuser weniger als noch vor 20 Jahren. Zusätzlich wurde an falscher Stelle aufgebaut: in „profitablen“ Bereichen und Gegenden wurden private Häuser eröffnet, deren Anzahl nimmt seit Jahren zu. Gleichzeitig nahm die Verweildauer von Patient*innen im Krankenhaus von 17 Tagen auf 7 Tage ab. Dass  die  Betten  problemlos  abgebaut  werden  konnten,  weil  die  Verweildauern  sanken,  wird immer  wieder  behauptet.  Zumindest  genauso  wahrscheinlich  ist  aber  das  Gegenteil:  Die  Verweildauern  mussten  sinken  und  die  Patient*innen immer früher entlassen werden, weil die Betten abgebaut wurden und die Zahl der Patient*innen immer weiter zunahm. Es kommt zu sogenannten „blutigen Entlassungen“, die die Patient*innengesundheit gefährden.In der Coronakrise wird die Wichtigkeit des Freihalten von Bettenkapazitäten ersichtlich. Eine vollständige Auslastung ist ein konstantes Arbeiten am Limit und plant den Notfall und/oder eine Pandemie nicht ein. Insbesondere der psychische Druck auf die Pflege ist bei bestehendem Pflegenotstand nicht lange auszuhalten und führt zu einem Arbeitsumfeld, was den Beruf Pfleger*in noch unattraktiver macht, als er aktuell schon ist.
Internationale Vergleiche sind nicht so einfach zu ziehen, wie es oft getan wird: Dänemark und Holland beispielsweise haben andere geografische Voraussetzungen, eine unterschiedliche Organisation des Gesundheitswesens, sowie andere Wartezeiten und Kosten. Diese Unterschiede werden bei solchen Vergleichen nicht berücksichtigt.


Bisherigen Krankenhausschließungen liegt die fehlende finanzielle Rentabilität zugrunde. Diese kann jedoch kein Marker für die Notwendigkeit eines Krankenhauses sein. Zunächst einmal ist der Sinn von Krankenhäusern, die medizinische Versorgung der Gesellschaft sicherzustellen; nicht, Gewinne zu erwirtschaften. Ist das primäre Ziel allerdings Profit, wie es aktuell im deutschen Gesundheitswesen der Fall ist, geht das auf Kosten der Patient*innenversorgung. Weiterhin richtet sich die Wirtschaftlichkeit eines Krankenhauses nach den erfolgten Behandlungen. Die Finanzierung erfolgt über das System der Fallpauschalen, also über administrierte Festpreise für die jeweilige Behandlung. Dabei wird vor allem die Diagnose betrachtet, unabhängig von den tatsächlich entstehenden Kosten, die das Krankenhaus zu bewältigen hat. Problematisch daran ist vor allem, dass die Vergütung in keinem Verhältnis zur Relevanz der Behandlung steht. So werden z.B. vor allem Operationen hoch vergütet, obwohl es oft auch risikoärmere konservative Therapiemöglichkeiten gibt. Besonders pflegebedürftige Patient*innen, die jedoch keine Behandlungsmaßnahmen in Anspruch nehmen, die einen Profit versprechen, sind hingegen eher Kostenfaktor. Die Konsequenz daraus ist, dass Kliniken ihre kostenintensiven Fachrichtungen verkleinern oder gleich „einsparen“. Werden nun also Krankenhäuser aufgrund fehlender wirtschaftlicher Rentabilität geschlossen, verschlechtert sich der Zugang zu grundlegender medizinischer Versorgung. Die gesellschaftliche Relevanz misst sich also nicht an der Wirtschaftlichkeit.


Weniger Kliniken bedeutet mehr Anfahrtszeit und weniger Standorte für die Notfallversorgung, insbesondere in den ländlichen Regionen. Als Alternativvorschlag gelten die Primärversorgungszentren, die neben  der Diagnostik und Therapie von Akuterkrankungen auch die Weiterleitung in spezialisierte Zentren weitervermitteln. Dies soll eine Anlaufstelle für kurzfristige und kleine Eingriffe sein, und gleichzeitig ein wohnortnaher Standpunkt von Notfallversorgung. Bisher sind diese aber nur Theorie und die Schließungen gehen weiter.
Gleichzeitig verschärfen die Krankenhausschließungen den Druck auf die Pflege, wo die Unterbesetzung im Moment aktuell schon hoch ist. Krankenhausschließungen rütteln nichts an den mangelnden Fachkräften in diesem Bereich und sind keine Lösung für den Pflegenotstand.Eine Verlagerung der Behandlung in den ambulanten Bereich, um Krankenhäuser zu entlasten, steht erst dann zur Debatte, wenn der ambulante Bereich beispielsweise durch Primärversorgungszentren ausgebaut wird. 


Der Pflegemangel muss jetzt angegangen werden, bevor man nur über weitere Schließungen nachdenken kann! Endlich eine angemessene Bezahlung, eine gescheite Personalbemessung auf allen Stationen und tolerierbare Arbeitsbedingungen. Das sollte doch möglich sein, oder?

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